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News Landesfeuerwehrverband Steiermark

Bergen und Abschleppen

Erstellt von Mayerl Hannes am 13.05.2008

Aus gegebenen Anlass möchten wir an den Artikel im Blaulicht (Ausgabe 6/2005) erinnern. BR d. ÖBFV Dr. Gerhard Strobich hat damals in seinem Artikel die Problematik rund um das Abschleppen von Fahrzeugen durch die Feuerwehr beleuchtet. Im besonderen wollen wir daran erinnern, dass Formular "Vereinbarung über das Bergen und Abschleppen eines Kraftfahrzeuges" vor der Tätigkeit unterschreiben zu lassen.

BERGEN UND ABSCHLEPPEN

BR d. ÖBFV Dr. Gerhard Strobich
Rechtliche Betrachtungsweise

Innerhalb der letzten Jahre ranken sich immer mehr Gerüchte – welche die Haftbarkeit der Feuerwehren bei der Bergung und nach Abschlepparbeiten zum Inhalt haben – um diesen Feuerwehr-Arbeitsbereich. Wie der nachfolgende Artikel aufzeigt, sind die Feuerwehren gut beraten, sich bereits im Vorfeld mit den möglichen Rechtsstreitigkeiten auseinander zu setzen.

Vorbeugen ist also daher das Gesetz der Stunde! In jüngster Zeit hat sich eine Häufung von Schadenersatzansprüchen, die aus der Bergung und dem Abschleppen von Fahrzeugen resultieren, ergeben.

Eine Untersuchung dieser Schadensfälle zeigt, dass im Wesentlichen zwei Gruppen vorliegen, nämlich

  • Schadensfälle aus Vorfällen, die dem Aufgabenbereich der Feuerwehr zuzuordnen sind
  • Schadensfälle nach privatrechtlichen Übereinkommen

AUFFASSUNGSUNTERSCHIEDE
Die weitere Untersuchung zeigt, dass vielfach Auffassungsunterschiede über den Aufgabenbereich der Freiwilligen Feuerwehren bestehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der gesetzliche Auftrag der Feuerwehr nur die Fahrzeugbergung und das Abschleppen von Kraftfahrzeugen

  • zur Menschenrettung bzw. zur Abwendung von Gefahren für Menschen
  • zur Abwehr von Umweltschäden
  • zur Freimachung von Straßen vorsieht.

Nach herrschender Meinung ist jede Einsatztätigkeit mit einem Abstellen des Fahrzeuges am nächsten möglichen öffentlichen Parkplatz oder Abstellplatz beendet.

PRIVATRECHTLICHE ÜBEREINKOMMEN
Jene Tätigkeiten, die nicht den obigen Gruppen zuzuordnen sind, müssen als privatrechtliche Übereinkommen der Feuerwehr mit dem jeweiligen Fahrzeuglenker oder Halter bewertet werden, ebenso das Abschleppen von Fahrzeugen über den nächstmöglichen Abstellplatz hinaus.

AUS DEM SCHNEIDER?
Für die Beurteilung der haftungsrechtlichen Fragen ist diese Tätigkeit von wesentlicher Bedeutung.

Einerseits handeln wir bei Erfüllung unserer gesetzlichen Aufgaben nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes meistens nur als Organe des jeweiligen Rechtsträgers, der jeweiligen Gemeinde oder des Landes Steiermark. Dies bedeutet, dass eine direkte Inanspruchnahme der Feuerwehren für Schadenersatzansprüche nicht möglich ist.

DIREKTE HAFTUNG
Andererseits ergibt sich bei den privatrechtlichen Übereinkommen, dass eine direkte Haftung der jeweiligen Feuerwehr gegeben ist.

PROBLEM „SPREIZBALKEN“
Auffallend ist, dass bei den Bergungsschäden vielfach „Hebeschäden“ behauptet werden, die darauf zurückzuführen sind (oder sein sollen), dass mit den Gurten, Seilen oder Ketten Fahrzeugteile eingedrückt werden. Solche Schäden müssten eigentlich bei ordnungsgemäßer Anwendung eines Spreizbalkens eher auszuschließen sein, es zeigt allerdings die Praxis, dass teilweise derartige Spreizbalken nicht ausreichend breit dimensioniert sind und gelegentlich auch überhaupt nicht zum Einsatz gelangen.

DAS SCHADENERSATZVERZICHTSFORMULAR
Der Verfasser dieses Artikels empfiehlt jedenfalls,. dass im Falle jeder Fahrzeugbergung der Einsatzleiter sich vom Fahrzeughalter bzw. -lenker ein Schadenersatzverzichtsformular (kann beim Landesfeuerwehrverband eingeholt werden) unterfertigen lässt.

Dieses Schadenersatzverzichtsformular bedeutet im Falle der Unterfertigung durch den Fahrzeughalter zwar keinen Freibrief, dass überhaupt keine Schadenersatzansprüche gestellt werden können, es sollte aber doch ausreichend sein, um typische Bergungsschäden von der Schadenersatzpflicht herauszuhalten.

EIN BILD SAGT MEHR...
Es wird auch empfohlen, dass vor Beginn der Bergungstätigkeit das Fahrzeug besichtigt und die Schäden in einem Protokoll festgehalten oder fotografiert werden. Im Streitfalle kann man mit derartigen Lichtbildern beweisen, ob ein Schaden schon vor der Bergung vorhanden war oder nicht.

ABSCHLEPP-PROBLEME
Größere Probleme kann es auch beim Abschleppen von Fahrzeugen geben. Im Falle der Abschleppung bis zum nächsten Abstellplatz im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben der Feuerwehr wird jedenfalls davon auszugehen sein, dass ein Verwahrungsvertrag zwischen dem Fahrzeughalter und der Feuerwehr nicht zustande kommt.

Im Falle eines privatrechtlichen Übereinkommens wird man gegebenenfalls auch eine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwahrung des Fahrzeuges annehmen können.

KONKRETES BEISPIEL
Eine Feuerwehr hat ein Fahrzeug, das nach einem Überschlag auf dem Dach gelegen ist, geborgen und über eine größere Entfernung abgeschleppt und dann auf einem öffentlichen, unbeleuchteten Parkplatz abgestellt. Beim Überschlag sind sämtliche Scheiben des Fahrzeuges geborsten. Der Fahrzeughalter musste ins Krankenhaus und kam erst nach drei oder vier Tagen zu seinem Fahrzeug zurück, wobei er dann feststellen musste, dass die Radioanlage, der CD-Player, der CD-Wechsler sowie ein Verstärker ausgebaut und vermutlich gestohlen waren.

Er hat die Schadenersatzansprüche von über 2.000,00 Euro gegenüber der Feuerwehr, welche die Abschleppung vorgenommen hat, geltend gemacht und dies damit begründet, dass ein Verwahrungsvertrag durch das Abschleppen des Fahrzeuges entstanden wäre.

DIFFIZILE HAFTUNGSFRAGE
Grundsätzlich ist diese Argumentation zutreffend bzw. entspricht sie der Rechtsprechung. Auch wenn im gegenständlichen Falle die Feuerwehr bzw. die Haftpflichtversicherung der Feuerwehr die Schadenersatzansprüche nicht bezahlen musste, weil das Amtshaftungsgesetz zum Tragen gekommen ist, bei welchem die Feuerwehr nicht unmittelbar zur Haftung herangezogen werden kann, so zeigt dieser Rechtsstreit doch, dass die Haftungsfrage sehr sensibel zu beurteilen ist. Hätte im gegenständlichen Falle die Feuerwehr das Fahrzeug über eine längere Strecke abgeschleppt, so wäre jedenfalls die Verwahrerhaftung zum Tragen gekommen und eine Haftung der Feuerwehr gegeben gewesen.

Wenn man daher aufgrund eines privatrechtlichen Übereinkommens ein Fahrzeug abschleppt, muss man auch Sorge dafür tragen, dass es ordnungsgemäß, das heißt für dritte Personen nicht ohne Weiteres erreichbar, verwahrt wird.

VORBEUGEN
Wenn aufgrund eines privatrechtlichen Übereinkommens ein Fahrzeug abgeschleppt und irgendwo abgestellt wird, sollte sich jeder Einsatzleiter vom Auftraggeber bestätigen lassen, dass die Feuerwehr für die Verwahrung des Fahrzeuges nicht haftbar ist und der Auftraggeber die Feuerwehr für allfällige Schadenersatzansprüche jedenfalls schad- und klaglos hält.